Odla
Die kloan Odla sperrn die Schnawei auf – gonz weit
und hoffen, dass wo’s zun Essen geit.
Da Papa und die Mama flieg’n ohne Unterloss
fongand d’Meis, die Manggei und bringand wos.
Do is die Woit no oafach vie die Kloan, brauchend nur fressen
und kennand die täglichen Sorgen no vagessen.
Irgendwann merken’s dass a no wos Onas geit,
dia kloan Vegei sand jo gscheit!
Sie beobachten, wia d’Mama und da Papa oheben
und schwerelos durch die Lüfte schweben,
mit die Flieglspitzen a wenk korrigian
und a da Luft die tollsten Flugmanöver auffian.
Da kloane Adler denkt si – boid i groas bi ku i des a!
Und stöht si vie, wia schee des wa,
aussi vom Nest, die Fliegln ausbroatn
und oafach auf’n Aufwind boaten.
Er frisst, ma ku bein Woxn zuaschaugn
da Mama-Odla und dem Odla-Papa tuat des tauggn!
Schauggn mit Freid zua, des Nest weascht’z kloa,
sie merken’d, da muas wo’s geben, do missn mia wos toa!
Fliang weck vom Nest, es weascht zun Boaten –
da kloa Odla tuat s’easchte Moi die Fliegei ausbroatn!
Do gwoscht a, do ku a si nit oafach aussihenga,
da muas a no vü learna, muas si no long ustrenga!
Oi Tog streng a si u, leand, üb und prowiascht,
bis a’s Gfüh hot, jetzt geht’s und bis er’s gspiascht:
Jetz muas i aussi, muas s’prowian
und den Wind unta die Fliegln gspian.
D’Mama und da Papa send gonz vadottat
wia da kloa Adler wira Goggl flottat,
is no nit so wia’s sei soid, owa da Ufong is gmocht!
Des muas decht zun Daleana sei, des war decht glocht!
Oiwei weida traut a sie hi zur Foisenwond,
die Fortschritt de a mocht, send oiahond!
Auf oamoi gwoschd as – wias gonz vo soiwa geht
und wiara regungslos im Aufwind steht!
Die gonze Plog, die Mühe – de is vagessen
des Gfüh, den Wind unta d’Fliegln z’spian, des kust nit messen!
Schod dass a Odla nit juchezn ku
i bi ma sicher, des hed a am liabsten tu!
Dianei, i hus gsegn, Du host den Wind a gspiad!
Er hot die auf die Bühne trogn, er hot die gfiad.
Du mit Dein Maturazeignis – des Büd wor schee u’zschaun
und i hu scho wieda die Pipi in die Augn!
Zusammenfassung
118 Odla
ein sehr persönliches Gedicht zur Matura meiner Tochter
Type: persönlich, philosophisch
Beschreibungen und Ausdrücke
Odla = Adler
Schnawei = Schnäbel
geit = gibt
fongand = fangen
d'Meis = die Mäuse
die Manggei = die Murmeltiere
wos Onas = etwas Anderes
oheben = abheben
ku i des a = kann ich das auch
boaten = warten
bein Woxen = beim Wachsen
tauggn = gefällt das
weascht'z kloa = wird zu klein
wo toa = müssen wir was tun
Boaten = zum Warten
gwoscht a = merkt er
oafach = einfach
aussihenga = hinaushengen
ustrenga = anstrengen
prowiascht = probiert
gspiascht = spürt es
aussi = hinaus
vadottat = verdattert
Goggl = Gockelhahn
flottat = flattert
Ufang = Anfang
zun Daleana = zum Erlernen
decht glocht = doch gelacht
oiahond = allerhand
gwoscht as = merkt er es
Plog = Plage
Mia = Mühe
juchezn = jauchzen, jodeln
Dianei = kleines Mädchen
gfiad = geführt